Amazon stellt Verkäufern in Europa verschiedene Programme zur Verfügung, um ihre Produkte in anderen Ländern zu lagern und zu verkaufen. Damit eröffnen sich interessante Chancen, wie beispielsweise mehr Reichweite, mehr Umsatzpotenzial oder günstigere Versandkonditionen. Je nach Modell werden Bestellungen entweder ausschließlich aus Deutschland versendet oder die Ware zusätzlich in ausländischen Lagern vorgehalten. Dies kann Kosten senken und Lieferzeiten verkürzen, bringt aber auch weitere steuerliche Pflichten und administrativen Aufwand mit sich.
In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die drei wichtigsten Optionen:
- Programm Mitteleuropa
- Europäisches Versandnetzwerk (EFN)
- Pan-EU Programm
Wir zeigen, wie die Programme funktionieren, wo die Ware jeweils gelagert wird, welche Vorteile Händler nutzen können und welche Punkte Sie in der Praxis im Blick behalten sollten.
Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung. Bei Fragen zu steuerlichen Pflichten wenden Sie sich bitte an Ihren Steuerberater.
1. Programm Mitteleuropa
Das Programm Mitteleuropa betrifft ausschließlich den Lagerort der Ware. Ziel dieses Programms ist es nicht, den Verkauf auf andere Länder in Europa auszuweiten, sondern die FBA-Gebühren für Produkte zu senken, die auf dem deutschen Marktplatz verkauft werden. Mit der Teilnahme an diesem Programm geben Seller Amazon die Berechtigung, ihre Ware neben Deutschland auch in Polen und Tschechien zu lagern. Dadurch reduziert sich die FBA-Gebühr für alle Produkte pro Einheit um 0,26 €, was bei größeren Verkaufsvolumina zu spürbaren Einsparungen führen kann.
Mit der Lagerung in Polen und Tschechien gehen jedoch zusätzliche steuerliche Anforderungen einher. Händler müssen sich in beiden Ländern steuerlich registrieren und dort regelmäßig Umsatzsteuererklärungen abgeben.
Zusammenfassung:
Vorteile: Reduzierung der FBA-Gebühren um 0,26 € pro Einheit für alle Produkte, die auf dem deutschen Marktplatz verkauft werden.
Nachteile: Steuerliche Registrierungen und regelmäßige Abgabe von Umsatzsteuererklärungen in Polen und Tschechien sind notwendig.
2. Europäisches Versandnetzwerk (EFN)
Das EFN bietet eine der unkompliziertesten Möglichkeiten, auch im Ausland zu verkaufen. Ihre Produkte liegen ausschließlich in deutschen Lagern. Von dort versendet Amazon bei Bedarf auch in andere europäische Länder – egal ob zum Beispiel nach Italien, Spanien oder Frankreich.
Damit Ihre Produkte auf den anderen europäischen Marktplätzen sichtbar sind, genügt es theoretisch, die „Internationale Angebotserstellung“ zu aktivieren. Amazon übernimmt dann automatisch die Übertragung Ihres deutschen Listings in die jeweiligen Länder in der Landessprache. In der Praxis zeigt sich allerdings oft, dass die automatische Übersetzung nicht immer von hoher Qualität ist. Deshalb empfehlen wir grundsätzlich eine professionelle Übersetzung, eine eigenständige Keyword-Optimierung sowie landesspezifische Bilder, um die Performance im jeweiligen Markt zu maximieren.
Bitte beachten Sie allerdings, dass die Nutzung des EFN mit höheren Versandkosten im Vergleich zum lokalen Versand einhergeht. Die genauen Gebühren finden Sie in der aktuellen FBA Rate Card von Amazon. Passen Sie daher Ihre Verkaufspreise auf den ausländischen Marktplätzen an, um die zusätzlichen Kosten zu decken. Je nach Umsatzvolumen kann zudem die Teilnahme am OSS-Verfahren erforderlich sein.
Neben den organisatorischen Aspekten des EFN sollten Händler sicherstellen, dass ihre Produkte in den jeweiligen Zielländern den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Dazu gehören unter anderem Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten sowie gegebenenfalls erforderliche Zertifizierungen.
Zusammenfassung:
Vorteile: Der Verkauf in ganz Europa ist möglich, ohne dass Ware im Ausland gelagert werden muss. Dadurch ist in der Regel keine steuerliche Registrierung in anderen Ländern notwendig.
Nachteile: Kein Prime Versand aufgrund von langen Lieferzeiten, da der Versand immer aus Deutschland erfolgt, sowie höhere Versandkosten im Vergleich zum lokalen Versand.
3. Pan-EU-Programm
Voraussetzung für die Teilnahme am Pan-EU-Programm ist das Listen der Produkte auf den lokalen Marktplätzen in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Holland. Hierfür kann ebenfalls die „Internationale Angebotserstellung“ genutzt werden (siehe 1.).
Außerdem gibt man Amazon die Erlaubnis, die Ware in mindestens zwei der genannten Länder zu lagern. Durch die Lagerung vor Ort profitieren Händler von den lokalen FBA-Gebühren, die günstiger sind als die Versandkosten über EFN. Zudem sind die Lieferzeiten aufgrund des lokalen Versands kürzer.
Kostenvergleich: EFN vs. Pan-EU-Versand (Beispiel)

Tipp: In der Praxis ist es empfehlenswert, sich in allen Ländern steuerlich zu registrieren und Amazon die Lagerung in allen Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien) zu erlauben. Andernfalls fallen beim Versand in nicht aktivierte Länder wieder die höheren EFN-Gebühren an – mit Ausnahme der Niederlande, wo Händler auch ohne steuerliche Registrierung bereits von den günstigeren Versandkosten profitieren.
Den Transport in die verschiedenen europäischen Lagerstandorte übernimmt Amazon automatisch. Händler in Deutschland müssen ihre Produkte also nur an deutsche Amazon-Lager senden – die anschließende Verteilung innerhalb Europas erfolgt zentral über Amazons Logistiknetzwerk. Dadurch entfallen für Unternehmen zusätzliche Speditionskosten und Verwaltungsaufwand, was den grenzüberschreitenden Verkauf deutlich kosteneffizienter macht.
Mit diesen Vorteilen sind jedoch auch zusätzliche Pflichten verbunden. Für jedes Land, in dem Amazon Ware lagert, ist eine steuerliche Registrierung erforderlich. Zudem müssen dort regelmäßig Umsatzsteuererklärungen abgegeben werden. Auch bei diesem Programm sollte man sich mit dem OSS-Verfahren auseinandersetzen.
Neben den steuerlichen Anforderungen sollten Händler außerdem sicherstellen, dass ihre Produkte in allen Zielländern den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Dazu gehören insbesondere Produktsicherheitsanforderungen, Kennzeichnungspflichten und gegebenenfalls notwendige Zertifizierungen.
Zusammenfassung:
Vorteile: Produkte können in ganz Europa angeboten und zu lokalen FBA-Gebühren versendet werden. Amazon übernimmt die grenzüberschreitende Logistik, sodass Händler nur an deutsche Lager versenden müssen. Niedrigere Gebühren und kürzere Lieferzeiten sorgen im Vergleich zu EFN für eine höhere Wettbewerbsfähigkeit.
Nachteile: Die steuerlichen Registrierungen und regelmäßige Abgabe von Umsatzsteuererklärungen in allen Lagerländern sind notwendig. Zudem wir eine Gebühr für niedrige Lagerbestände erhoben, wenn die durchschnittliche Bestandsreichweite unter 28 Tagen liegt. Diese Zusatzgebühr gilt in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien und wird wöchentlich auf Basis des historischen Lagerbestands berechnet.
Fazit
Ob das Programm Mitteleuropa, EFN oder das Pan-EU-Programm – jedes Modell bietet eigene Chancen und Herausforderungen. Während beim Programm Mitteleuropa die Kostenersparnis durch niedrigere FBA-Gebühren im Vordergrund steht, ermöglicht EFN den einfachsten Einstieg in den europaweiten Verkauf. Pan-EU wiederum bietet das größte Umsatzpotenzial und die besten Versandbedingungen, erfordert jedoch die umfassendsten steuerlichen Verpflichtungen.
Welche Option die richtige ist, hängt stark von der individuellen Situation des Händlers ab: Verkaufsvolumen, Zielmärkte und interne Ressourcen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Wichtig ist, die Vor- und Nachteile der Programme sorgfältig abzuwägen und sowohl die logistischen als auch die steuerlichen Aspekte im Blick zu behalten. So lässt sich das passende Modell auswählen, um europaweit erfolgreich zu verkaufen.
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